Pilgern & Surfen 3
8.-10. Dezember 2000The medium is the message?
In seinem Internet-Tagebuch Abfall für alle hat Rainald Goetz am 10. April 1998 notiert: Wie ich mal am Telefon zu Frau Rutschky sagte: ich hätte das Gefühl, dass durch die neuen Zwischentext-Formen, die das dauernd getippte Sprechen so vieler Leute via Internet hervorbringen würde, sich auch so langsam die gedruckte Sprache so bisschen verändern würde, das exponierteste Beispiel das JETZT wäre, ein bestimmter Sound, der dort kultiviert würde, der dann wieder seine eigenen Probleme hat, in Richtung Realitätsverniedlichung manchmal, in eine Art Widerstandslosigkeit der Darstellung hinein, die dann manchen Weltgegenständen doch nicht mehr so richtig entspricht usw usw.
The medium is the message.
Die McLuhansche Formel scheint die Skepsis zu bestätigen, dass die Schreibgewohnheiten auf der glatten Spiegelfläche der modernen Computer- und Informationsgeräte sich nachhaltig verändern. An die Stelle des materiellen Einritzens von haltbarer Schrift, Zeichen für Zeichen, tritt zusehends die flüchtige Komposition von Textbausteinen auf einer glatten Oberfläche. An der gesprochenen Sprache orientierten Kommunikationsformen wie E-Mail, Chat-Foren und Newsgroups kommt diese Flüchtigkeit entgegen. Ein salopper Umgang mit Sprache, der sich gegen den Terror der gedruckten Schrift wehrt, setzt sich - angeblich - durch.
So verführt der Bildschirm zum flüchtigen Schreiben wie zum flüchtigen Lesen? Wir wollen danach fragen, ob sich die Schriftkultur angesichts dieses neuen Sprachgebrauchs tatsächlich nivelliert. Ob sogar eine neue orale Kultur im Entstehen begriffen ist, die das Korsett der Schriftgrammatik abstreift. Aber auch, ob die neuen Medien mit ihren theatralen Inszenierungsformen neue Chancen bieten.
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