Copyrights sind auf Zeit geschaffene Rechte, die von seiten der politischen Instanzen eingeräumt werden. Sie dienen zur Förderung der Naturwissenschaften und der nützlichen Kulturgüter und haben eine bestimmte Geltungsdauer, Momentan freilich wird diese Geltungsdauer immer weiter verlängert - was auch damit zu tun hat, dass beispielsweise die Rechte an der Figur Mickey Mouse inzwischen abgelaufen wären: sie wäre PUBLIC DOMAIN. Auf Betreiben des Disney-Konzerns sind sie jetzt auf 95 Jahre ausgedehnt worden, damit die Kasse weiterhin (bis 2019) stimmt (und was danach?). Für die Kunst gelten mittlerweile 70 Jahre. Die Frage ist berechtigt: wozu? Wer profitiert davon? Dienen 95 Jahre noch immer als kommerzieller Anreiz für schöpferisches Tun - oder steckt dahinter nicht die Profitabschöpfung von selbst nicht kreativen Nachkommen und Firmen aus alten Kulturgütern. Kommerzielle und egoistische Interessen gehen vor schöpferischen, mit dem Effekt, dass - Mühlbauer bringt den Fall von Murnaus Nosferatu-Film - eine Witwe (Bram Stokers) das Recht hat, eine andere schöpferische Leistung (den Film mitsamt Lichttechnik &c.) verbieten und vernichten zu lassen, weil sie es möchte (bzw. weil die Produktionsfirma die 5000 RM Tantiemen nicht aufbringen konnte). Wo bleibt das Urheberrecht der Nosferatu-MacherInnen? Wäre der Film nicht illegal zurück behalten worden, ein grosses Werk des deutschen Films hätte nicht überlebt. Der Fall ist nicht einzigartig: vgl. Abel Gance, Orson Welles &c. - oder der Fall der KLF (Kopyright Liberation Front), die von den Abba- Rechtsinhabern für einen Remix angeklagt worden sind.
Nicht selten steckt hinter solchen Verhinderungspraktiken das Kalkül, die eigenen Produkte vom Markt zu nehmen bzw. sie als Rarität aufwerten zu lassen. Umgekehrt aber gibt es von Seiten der Medienmultis kein Interesse, alte Produkte trotz Verboten zu sammeln, aufzubewahren. Die Geschichte wird vernichtet. Diese Praktiken, die heute durch Bibliotheken und ähnliche Institutionen zumindest teilweise aufgehalten werden (beim Film geschieht dies teils gerade nicht), könnte unter restriktiven und monopolistisch diktierten Urheberrechtsklauseln (z.B. DRM) zum Durchbruch gelangen.
Urheberrechte sind allgemein gültig. Darin steckt momentan eine besondere Tücke. Die Differenzen zwischen Bücher, CDs und Software werden eingeebnet, was höchst problematisch sich ausnimmt. Software ist aufgrund seiner Form (digitalisierter Code) ein schwieriges Produkt, das besonderer Schutzmechanismen bedarf. Microsfot pflegt sie ausgiebig, indem sie den Source Code geheim halten. Was ausschaut wie eine Schutzmassnahme, ist im Effekt 1. eine monopolistische Aktion, die versucht, Preise und Bedingungenhoch zu halten. Was umso unverschämter ist, als dass die Produkte teils lausig sind, was etwa die Einbruchssicherheit anbelangt. Zumzwieten darf getrost vermutet werden, dass bei Microsoft ganze Abteilungen die open-source-Areal auf dem WWW durchchecken, um für ihre geschützen programme Codes zu klauen: Bill Gates als Räuberbaron?
Soclhen Strategien entgegen stellt sich die open source-Bewegung: GNU Public Licence, in deren Bestimmungen steht, dass alle Source Codes von allen benutzt werden dürfen, unter der Bedingung, dass sie den weiter entwickelten Code selbst wieder offen legen. Der Anreiz besteht hier darin, zu geben, was man erhalten hat. Und über Spezifikationen allenfalls Einkünfte zu erzielen.
Es gibt drei Ökonomien: die Kommandoökonomie (im krieg), die Marktökonomie (im Handel mit kanppen Gütern) undd ie Gabenökonomie (Kreativität und Austausch als Movens). Open source praktiziert letztere und schöpft ihre Kreativität daraus, dass, wie Johan Huizinga im Homo Ludens 1938 schrieb, die Kreativität sich in der Spielkultur ausdrücke und entwickle. Oder wie Schiller notierte, dass der Mensch nur da ganz Mensch sei, wo er spiele. Kreativität spielt, Multis schicken dagegen die Juristen. Abhängigkeit, Kontrolle und Shareholder sind die primären Werte, dafür nehmen sie in Kauf, dass der Begriff des geistigen und kreativen Eigentums ausgehöhlt und ausgeweitet wird. Nicht die schöpferische Lesitung, sondern das ökonomische Eigentum unterliegt dem Copyright-Schutz. Dabei geht gerne vergessen, dass im grunde jedes Kulturgut der public domain angehört - wie Raymond Federman meitn: Schreiben heisst Zitieren.
In diesem Zusammenhang kommt dem Digital Rights Management (DRM) eine zentrale Rolle zu. Um sich vor tatsächlichen und vermeintlichen Raubkopierern (erinenrt sei an das Recht auf fair-use) zu schützen, wird versucht, eigene, private Zugriffsrechte zu definieren und gleich fix in die Software bzw. hardware einzubauen. CDs können nicht ehr kopiert werden, DVDs laufen nur auf jenen geräten, die denselben regionalen Code haben, Zugriffsrechte werden zeitlich begrenzt (ob mit oder ohne Wissen der Kunden, bleibt dahin gestellt) und können nachgebessert und bei entzogen werden. Es gibt mannigfache Möglichkeiten der Codierung, Regulierung, Manipulierung bis hin zur Sperre der Print Screen-Taste auf der eigenen Tastatur (um das Kopieren auf diesem Weg zu verbieten)! Das solche Möglichkeiten auch zur totalen Kontrolle dienen können und werden, steht ausser Frage. Schon jetzt lesen sich die Lizenzen von Software als rechtsunüblich bis rechtsverletztend.
Content is king! Nicht die Schöpfung von Inhalten, sondern die Verteilung zahlt sich aus. Der Rechtsinhaber obsiegt über den Urheber, was in etwa einer Legalisierung von Falschgeldtricks gleich kommen kann. Der Effekt daraus ist, dass sich eine Massenökonomie herausbildet, die ungeeignet ist für Kreativität. Weder die Kultur noch die Wissenschaft und Forschung kann an diesen praktiken Freude haben. Und im Endausbau auch die User nicht, weil auch sie auf Gedeih und Verderb von dem abhängen, was ihnen die Monopolisten geben. Gut möglich, dass MP3 durch verschiedenste Schutzmechanismen abgestellt wird, obwohl MP3 eher der Distribution von vergessenem Material dient als dem Herunterladen von Airplay-Schrott der Platten-Multis (vgl. P.M., Urheberrechtsausgleich, Teil 2).
Unter derart rigider Ökonomisierung der Urheberschaft werden auf Dauer Zitate und intertextuelle Verfahren unmöglich gemacht, ebenso wie ein Klima der Unsicherheit geschaffen wird - es sei denn, User und Kulturschaffende bzw. deren Verbände, wehren sich gegen diese einseitige Güterabwägung. GNU statt trusted systems. Es braucht Initiativen zur Neuverfassung des Urheberschutzes: differenziert, auf die Urheber abgestimmt. Das Copyright als Public Domain stellen, zum Beispiel!
Auf der anderen Seite sollte auch die Wirtschaft einsehen, dass eine rigide Kontrolle über alle Netztransaktionen kein Nutzen darstellt, sondern lediglich das Tor zur Industriespionage. Oder wie hält sie es mit Monopolen?
(bm)
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